Persoverzicht september 2021
26 26 S PORT GrenzEcho Samstag, 25. September 2021 V ON T IM F ATZAUN UND P HILIPPE G OUDERS Marc Wagner, was hat die KTSV Eupen mehr vermisst: die 1. Division oder das Ost- belgienderby? Ich würde die 1. Division sagen – vor allem aber das Handball- spielen an sich. Es ist für alle wichtig, dass es endlich wie- der losgeht. Für den Aufstieg haben wir lange gearbeitet. Wir wollten bereits im vergan- genen Jahr in der 1. Liga star- ten und mussten noch ein Jahr warten. Deshalb haben wir das Ganze noch mehr ver- misst. Dass jetzt das Derby an- steht, ist das Sahnehäubchen für beide Vereine, aber viel- leicht noch mehr für die Fans, die Region und den Handball in der Region. Sind die Eupener Mann- schaften – seien es die Her- ren und/oder die Damen – durch das eine Jahr Ver- zögerung noch stärker ge- worden? Da die Damen während der Coronapause quasi durchtrai- niert haben, hat sich die Mannschaft mehr gefestigt. Mit dem Alternativprogramm, das Philipp (Reinertz, Trainer, A. d. R.) geboten hat, sind die Damen als Team weiter zu- sammengewachsen. Ich habe mir oft die Frage gestellt, wie sie es schaffen, sich dreimal pro Woche online zu treffen, denn so etwas ansprechend über einen langen Zeitraum anzubieten, ist nicht leicht. Das haben weiß Gott nicht viele andere Trainer so hinbe- kommen. Die Herren verfolg- ten eine andere, eher indivi- duelle Schiene. Guido Lausberg, der HC Eynatten-Raeren war über Jahre hinweg gerade bei den Herren das ostbelgische Flaggschiff. Wie geht es dem Verein heute? Im Herrenbereich hat sich bei uns nicht so viel getan, da herrscht eher der Status quo. Bis auf Janis Beckers, der nun in Köln arbeitet und wohnt, und Thomas Di Giacomo, der nie ein offizielles Spiel für uns bestritten hat, hat sich in der Mannschaft nichts geändert. Bei den Damen befinden wir uns im Umbruch. Einige Spie- lerinnen haben – sowohl al- tersbedingt als auch unter dem Einfluss der Pandemie – andere Interessen entdeckt. Ir- gendwann musste dieser Punkt kommen, denn das Ge- rüst der Damenmannschaft war eine Zeit lang unsere Gol- dene Generation. Allerdings war auch abzusehen, dass die- se Generation entweder ge- meinsam oder in kurzen Ab- ständen aufhören würde. Kommen die beiden Derbys denn zum richtigen Zeit- punkt, um das Handball- feuer neu zu entfachen? Oder hätten Sie gerne noch ein paar Wochen gewartet? Wagner: Ich finde es gut, dass sie jetzt stattfinden. Natürlich kann man immer über die Zu- schauerzahlen und die Covid- Situation an sich diskutieren, aber für den Handball in der Region kann es nichts Besse- res geben. Die Leute kommen wieder in die Halle, der Sport kann wieder für sich werben, und auch der Verein wird dar- aus neue Motivation schöp- fen. Ob Jugendspieler, Jugend- trainer, Seniorenspieler: Alle werden von diesem Wind ge- packt und mitgenommen. Lausberg: Vom sportlichen Aspekt her wären die beiden Spiele zu einem späteren Zeit- punkt wahrscheinlich hoch- wertiger, da die Mannschaften dann gefestigter auftreten würden. Für den Handball ist es auch meiner Meinung nach der richtige Moment. Kampf oder Kader: Was wird auf dem Platz den Unter- schied ausmachen? Wagner: Wir müssen an bei- den Abenden unser Spiel auf die Platte bringen und uns nicht zu viel mit dem Gegner beschäftigen. Was am Ende dabei rauskommt, bleibt abzu- warten. Lausberg: Ich sehe das ähn- lich. Die Spieler und Spielerin- nen werden Gänsehaut be- kommen, wenn sie in die Hal- le laufen. Der eine kann damit besser umgehen als der ande- re. Die Hauptsache ist, dass wir endlich nochmal Handball vor Publikum bieten können. Welches Gefühl stellt sich bei Ihnen so kurz vor den Derbys ein? Nervosität, Auf- regung, Freude – vielleicht sogar Siegesgewissheit? Wagner: Noch sind alle ganz entspannt. Wie Guido gerade sagte: Das Gefühl, eine volle Halle zu betreten, haben wir lange nicht mehr gehabt. In den letzten Tagen waren wir mit der Organisation beschäf- tigt – die Presse, die entspre- chenden Covid-Maßnahmen, Anträge bei der Stadt. Derzeit läuft noch alles ruhig ab, viel- leicht kommt die Nervosität ja am Samstag. Lausberg: Ich erlebe das Derby ja nicht zum ersten Mal, deshalb bin ich nicht beson- ders angespannt. Bei unserem Saisonstart in der vergange- nen Woche waren in unserer Halle bereits viele Leute, das galt es ebenfalls zu organisie- ren. Wir haben hart dafür ge- arbeitet, den Handball und die Leute wieder in die Halle zu kriegen. Hoffentlich lohnt sich der Aufwand – und hoffentlich erleben wir in den kommen- den Wochen wieder einen normalen Meisterschaftsbe- trieb. Darauf freue ich mich nämlich auch. „Es ist jetzt der richtige Moment“ Marc Wagner und Guido Lausberg (rechts) blicken voller Vorfreude auf das Derbywochenende. Am Donnerstagabend sprachen sie in der Cafeteria der KTSV Eupen über die beiden Spiele gegen Eynatten-Raeren. Fotos: David Hagemann Es ist soweit. Nach fast vier Jahren ertönt am heutigen Samstagabend (20.15 Uhr) wieder der Anpfiff für das Herren-Handballderby zwi- schen der KTSV Eupen und dem HC Eynatten-Raeren – in der Liga findet es gar zum ersten Mal seit zehn Jahren statt. Am Sonntag (18 Uhr) treten auch die Damenmannschaften gegeneinander an. Grund genug, die beiden Klubpräsidenten Marc Wagner (Eupen) und Guido Laus- berg (Eynatten-Raeren) an einen Tisch zu setzen. Die Eynatten-Raenerer bauen auch auf die individuelle Klasse von Benoît Neuville. Catherine Reinertz gehört zu den derbyerfahrenen Spielerinnen bei der KTSV. Archivfoto: Bernd Rosskamp 27 GrenzEcho Samstag, 25. September 2021 S PORT 27 gegnungen gesehen. Zu Be- ginn der Saison hat jeder ge- sagt, dass Visé, Sint-Truiden und Hasselt quasi für sich spielen werden. Hinzu kommt, dass uns der eine Geg- ner eher liegt als der andere. Wir müssen uns auf uns kon- zentrieren und in der Abwehr anders auftreten wollen. Lausberg: Bei unseren Da- men gibt es seit Jahren das Problem der Auswärtsschwä- che. Sie selbst wissen nicht warum, und auch die Trainer verzweifeln daran. Zuhause und auswärts sind einfach zwei verschiedene Welten. In Waasmunster und beim Heimspiel gegen Hasselt stan- den gefühlt zwei verschiedene Mannschaften auf dem Platz. wenn ich jetzt ein spezielles Derby herauspicken würde. Es ist immer eine tolle Erfah- rung, aber selbst in meiner Promotionszeit habe ich im- mer gesagt: Wir können ruhig beide Spiele gegen Eynatten verlieren, wenn wir nur im restlichen Saisonverlauf keine blöden Punkte gegen die unte- ren Mannschaften liegenlas- sen und dort nicht nur mit sieben Mann antreten. Lausberg: Mir fällt spontan die Doppel-Konfrontation um den Aufstieg ein, als wir sams- tags in Eupen spielten und sonntags direkt in Eynatten (im März/April 1990, A. d. R.). Beide Male war die Halle bis oben hin voll. Wir hatten da- mals das bessere Ende für uns, da wir in Eupen knapp gewon- nen hatten. Die KTSV hat gerade im Herrenkader ordentlich hin- zugelegt. Sieht der HC Eynat- ten-Raeren seinen Status als ostbelgische Nummer eins bei den Herren gefährdet? Lausberg: Weder ich noch der Verein an sich haben jemals mit dem Ziel eines Status ge- arbeitet. Wir machen unser Ding und versuchen, mit un- seren Möglichkeiten so hoch wie möglich zu spielen. Das hat aber keinerlei Statuswert. Wir spielen mit einem Ausrut- scher seit über 20 Jahren in der 1. Division und haben da alles erlebt: Von schwierigen Saisons, in denen wir erst auf dem letzten Meter dem Ab- stieg entkommen sind, bis zu Hand aufs Herz: Sind die Derbysiege eine Vorausset- zung für eine gelungene Saison, bzw. ein Saisonziel? Wagner: Absolut nicht. Lausberg: Natürlich steckt in diesen Derbys mehr Brisanz als in anderen Spielen, da sich alle untereinander kennen und ein gesunder Ehrgeiz mit dabei ist. Aber letztlich ist es ein Spiel wie jedes andere auch, in dem es nur um zwei Punkte geht. Und der Haupt- fokus liegt auf der Meister- schaft, denn nur die Derby- punkte können dich am Ende nicht retten. Wagner: Auch wenn es schön wäre, sonst auch an die Zuschauerzahlen der Spiele gegen Eynatten-Raeren zu kommen. Inwiefern können diese beiden Spiele dafür den Ausschlag geben? Wagner: Indem wir mit unse- ren Leistungen dafür werben und uns gut verkaufen. Dann kommen die Zuschauer auto- matisch wieder. Das beste Bei- spiel dafür findet man hier ge- genüber (zeigt auf das Kehr- wegstadion der AS Eupen, A. d. R.): Je besser du sportlich da stehst, desto mehr Leute inter- essieren sich für dich. Es geht nur über die Erfolgsschiene, da ist der Fußball das beste Beispiel für. Welche Derbys haben sich bei Ihnen am meisten ins Gedächt- nis eingebrannt? Wagner: Ich müsste lügen, den glorreichen Zeiten als Meister und Vizemeister. Je- der, der in einem Verein arbei- tet, weiß, dass es mal Höhen und mal Täler gibt. Dass man sich immer nur auf einer posi- tiven Welle bewegt, ist unmög- lich – es sei denn, es stehen einem Unmengen an finan- ziellen Möglichkeiten zur Ver- fügung. Wagner: „Die gesamte Region profitiert davon, dass nun beide Klubs sowohl bei den Herren wie den Damen in der 1. Division an den Start gehen.“ Wagner: Ich möchte noch was zu dem „Hinzulegen“ im Herrenbereich sagen: Im End- effekt sind Spieler zu uns zu- rückgekommen, die in jungen Jahren nach Eynatten gewech- selt sind. Ich sehe das nicht so, dass wir extrem viel einge- kauft hätten. Eher kam die Zeit der Rückkehrer. So froh, wie Eynatten sein wird, wenn in ein paar Jahren vielleicht ein Raphaël Kötters nach Hause kommt, sind wir über die Rückkehr von Damian Kedzio- ra oder David Denert. Generell profitiert die gesamte Region davon, dass nun beide Klubs sowohl bei den Herren wie den Damen in der 1. Division an den Start gehen. Das hat für mich nichts mit einem Sta- tus zu tun und auch nicht mit einem ersten, zweiten oder dritten Platz. Für mich ist nur wichtig: Wir sind da angekom- men, wo wir hinwollten, und müssen uns jetzt dort etablie- ren. Dabei wollen wir nicht di- rekt riesen Sprünge machen, sondern Schritt für Schritt ge- hen. Welche Sieben geht favori- siert in das Herrenderby? Wagner: Wie gesagt, jedes Spiel muss erstmal gespielt werden. Bei den Damen sind wir zum Saisonstart auch von anderen Resultaten ausgegan- gen. Nach dem unseren Resul- tat gegen Gent (40:21, A. d. R.) würde ich auf uns tippen. Lausberg: Ich sehe das na- türlich anders. Die Tagesform wird entscheidend sein. Die Mannschaft, die ihre Nerven eher im Griff hat, wird gewin- nen. Vielleicht einigen wir uns ja auf ein Unentschieden (lacht). Und bei den Damen? Die KTSV zeigte gegen Sint- Truiden eine starke Leistung, während Eynatten gegen Hasselt nur überraschend knapp verlor. Wagner: Es ist bei beiden Der- bys noch schwer, eine Progno- se abzugeben. Dass wir gegen Visé wohl deutlich unterlegen sein würden, wussten wir schon vorher. Aber alle ande- ren Spiele sind offen, das ha- ben wir bei den erwähnten Be- Marc Wagner: „Ich habe in meiner Promotionszeit immer gesagt: Wir können ruhig beide Spiele gegen Eynatten verlieren, wenn wir nur im restlichen Saisonverlauf keine blöden Punkte liegenlassen.“ ● Guido Lausberg über die KTSV-Herren: „Eine Mann- schaft mit großer individuel- len Klasse und viel Erfah- rung. Ich weiß aber nicht, ob die Mannschaft schon bis ins kleinste Detail eingespielt ist.“ ● Marc Wagner über die HCER- Herren: „Das ist das absolute Gegenteil – eine eingespielte Mannschaft, in der sich nicht viel geändert hat. Die mei- sten tragenden Kräfte spie- len schon seit mehreren Jahre in Eynatten und lange zusammen. Hinzu kommen, so wie es sein muss, einige junge Spieler.“ ● Marc Wagner über die HCER- Damen: „Gefahr geht bei den Eynattenerinnen be- stimmt wieder vom Rück- raum und von Linksaußen aus, wobei wir auch den Kreis nicht außer Acht lassen dürfen. Die Mannschaft spielt schon lange zusam- men, das dürfen wir nicht unterschätzen. ● Guido Lausberg über die KTSV-Damen: „Aufgrund der eigenen Halle sehe ich die Eupenerinnen ein bisschen im Vorteil. Unsere Damen werden sich aber bei der Ehre gepackt fühlen. Und ich sage immer: Es gibt ja noch ein Rückspiel, denn heim- und auswärts sind die Eynat- tenerinnen zwei verschiede- ne Welten.“ (tf) ZI T I ERT So denken die Präsidenten über die Gegner-Teams Guido Lausberg zum Umbruch bei den HCER-Damen: „Es war abzusehen, dass die Goldene Generation entweder gemeinsam oder in kurzen Abständen aufhören würde.“ ● Die beiden Derbys zwischen Eupen und Eynatten-Raeren finden als Covid-Safe-Ver- anstaltungen statt. Einlass in die Halle am Stockberger- weg ist somit nur unter Berücksichtigung der 3G- Regel (geimpft, genesen, getestet) gewährleistet. 450 Plätze werden am Samstag beim Herrenspiel besetzt sein, für das Damenderby am Sonntag sind noch einige Plätze frei. ● „Zunächst hatte es vonseiten des Eupener Sportbundes geheißen, dass 266 Plätze vergeben werden können, ein Drittel der Gesamtkapa- zität. Uns war aber daran gelegen, wieder Stimmung in die Halle zu bringen, wes- halb uns die Idee mit dem Covid Safe Ticket kam. Die Stadt hat unsere Infrastruk- tur unter die Lupe genom- men, und wir haben den Antrag gestellt. Wir sind froh, dass bei beiden Spielen so viel Leute wie möglich kommen können“, so KTSV- Präsident Marc Wagner. ● Der Vorverkauf im Lager des HCER verlief hingegen schleppender, wie Präsident Guido Lausberg zugibt: „Das CST hat einige Stammzu- schauer abgeschreckt, wobei ich zu 100 Prozent hinter diesem System stehe. Ich hatte mit mehr Zuspruch gerechnet.“ (tf) H INTERGRUND Herrenderby nahezu ausverkauft Der Zeitungsbericht vom 2. April 1990: Der HC Eynatten hatte sich gerade im Doppelderby um den Aufstieg gegen die Eupener durchgesetzt.
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