Persoverzicht april 2020
23 GrenzEcho Samstag, 4. April 2020 S PORT 23 V ON T IM F ATZAUN Vor ziemlich genau drei Jah- ren übernahm Bruno Thevis- sen das Traineramt des gerade entlassenen Andreas Heck- hausen. Er gehört zu den lang- jährigen Gesichtern des HCER und stand in den vergangenen Jahren immer wieder als Inte- rimslösung parat, wenn die Cheftrainer den Verein verlie- ßen. Nun geht er in seine vier- te aufeinanderfolgende Saison als T1 der Herrenmannschaft. Bruno Thevissen, können Sie sich ein Leben ohne den HC Eynatten-Raeren überhaupt vorstellen? Nur schwer. Aber klar, als Trai- ner weiß ich, dass ich nicht ewig in Eynatten bleiben kann. Man muss die Jungs ir- gendwann auch mal loslassen. Das Gefühl, dass die Chemie nicht mehr passt, habe ich im Moment aber noch nicht. Die Mannschaft steht hinter mir. Irgendwo weit weg zu gehen, ist für mich durch meinen Be- ruf schwierig (Thevissen ist Besitzer der Bäckerei Fedora in Eynatten, A.d.R.). Wenn, dann möchte ich auch höhere Ziele verfolgen und in einem höhe- ren Bereich arbeiten, da ich ge- rade meine A-Trainer-Lizenz mache. Ich könnte mir aber auch vorstellen, in ein Schul- projekt einzusteigen. Wie meinen Sie das? Es sind mal Gespräche gelau- fen, in ostbelgischen Schulen eine Handballabteilung zu er- richten. Das hat sich zwar nicht weiter entwickelt, doch die Idee habe ich noch nicht ganz aufgegeben. Ich hatte darüber mal mit Erik Wudtke (Ey-Eynattener und Co-Trainer der deutschen Nationalmann- schaft) gefachsimpelt, da ich im Zuge meiner A-Lizenz wie- der Kontakt zu ihm aufge- nommen hatte. Ich könnte mir gut vorstellen, mich da zu engagieren, falls ich es selbst nicht aus Eynatten wegschaf- fen würde. Würden Sie es sich denn zutrauen, in „einem höheren Bereich“ zu arbeiten? Wenn ein gutes Angebot aus dem Profibereich käme, wür- de ich vielleicht den Bäckerbe- ruf niederlegen. Bis Köln, Dor- magen, Gummersbach oder Wuppertal könnte man pen- deln, aber ansonsten müsste man wegziehen. Dafür müsste ich aber erstmal die Kontakte erstellen und mich weiterent- wickeln. Das würde noch ein paar Jahre dauern, und dann wäre ich auch langsam zu alt. Man soll ja niemals „Nie“ sa- gen, aber vorerst liegen meine Ziele hier in Eynatten. Dort gehen Sie in Ihre vierte aufeinanderfolgende Saison als Herrentrainer. Von Ver- schleißerscheinungen scheint noch nichts zu sehen zu sein? Die Frage, ob ich noch eine vierte Saison dranhänge oder die Mannschaft mal loslassen soll, habe ich mir auch gestellt. Seit elf Jahren bin ich bei der ersten Mannschaft aktiv, sei es als Co-Trainer oder als Chef- trainer. Die jungen Spieler wie Benjamin Deutz, meinen Sohn Nils, Raphael Kötters oder Moussa Top trainiere ich schon seit den Minimes. Brau- chen die nicht langsam mal neue Impulse? Ich habe aber immer noch Lust und komme weiterhin an die Spieler ran. „Wir sind dabei, unser Spiel neu zu entwickeln.“ Im Zuge der A-Lizenz lernen Sie bestimmt auch neue Trainingsmöglichkeiten. Genau, dass ich mich selbst dadurch weiterentwickle, mer- ken die Spieler ja auch. Wir sind noch dabei, unser Spiel neu zu entwickeln. Wir wollen mehr im Tempospiel agieren, was wir noch nicht so ge- schafft haben, wie ich mir das vorstelle. Das wird in der neu- en Saison aber einen ganz an- deren Fokus erhalten. Bevor ich zugesagt habe, habe ich mir von der Mannschaft versi- chern lassen, dass sie noch hinter dieser Idee steht. Dass das der Fall ist, merkte man bei den Gesprächen. Deswe- gen war für mich klar, dass ich noch ein Jahr dranhänge. Mein großes Ziel bleibt weiter- hin, nicht nur in die Play-offs zu kommen, sondern dort bis zum Schluss oben mitzuspie- len. Und das vor allemmit un- serer eigenen Jugend. Macht es auch etwas den Reiz aus, dass man bei Spie- len des HCER nie weiß, was man bekommt? Das stimmt. Doch wir sind im Mai seit einem Jahr zuhause ungeschlagen. Aber wir haben effektiv eine ganz komische Saison hinter uns. Am Anfang fehlten einige Spieler verletzt, nicht zuletzt Benoit Neuville. So mussten die jungen Kräfte die Verantwortung überneh- men, was sie bravourös ge- schafft haben. Dann merkt man, was an Potenzial in der Mannschaft steckt. Das ist auch ein Grund, warum ich nicht wie viele andere nach drei Jahren wechseln wollte. Ich habe so viel Arbeit in die Mannschaft gesteckt, dass das nicht der richtige Zeitpunkt gewesen wäre. Bislang hat der HCER mit Jonathan Vandeberg und Stéphane Géradon zwei Abgänge zu vermelden, aber noch keine neuen Spieler. Tut sich der Verein auf der Suche so schwer? Wir suchen zwei Linkshänder für Außen und im Rückraum. Die sind sehr rar, und die Ver- eine wollen sie nicht abgeben. Wir stehen aber mit drei Spie- lern in Kontakt. Ich finde es gleichzeitig aber auch wichtig, dass wir nicht zu viel unseren Budgets für auswärtige Spieler ausgeben. Unser Grundgerüst ist aber dem Verein treuge- blieben, bis auf Stéphane, des- sen Abgang zwar ein Verlust ist, der aber erst spät seine Qualitäten aufblitzen ließ. Da- für kommt nun Niklas Hass (17) neu hinzu, der seine Schul- terverletzung auskuriert hat. Zwischen der Transferpolitik der KTSV Eupen und der des HCER sind große Unterschie- de zu erkennen. Eupen kon- zentriert sich auf deutsch- sprachige Spieler, während Eynatten eher in die Wallo- nie blickt. Da muss ich widersprechen, denn wir schauen schon über- all hin. Uns ist nur wichtig, dass die Spieler ins System passen. Man kann Eupen und Eynatten aufgrund der unter- schiedlichen Zielsetzung gar nicht vergleichen: Eupen will mit aller Macht aufsteigen – zwar mit erfahrenen Kräften, die danach aber vielleicht nicht mehr lange spielen wer- den. Bei uns hat Vorrang, die Jungen in der ersten Mann- schaft zu etablieren, mit ihnen weiterzukommen und sie da- zu zu bringen, es noch höher zu schaffen. „Wenn die Endrunden abgeschafft werden sollten, muss die Liga aber aufgestockt werden.“ Da wäre Raphael Kötters ein neues Beispiel für den Erfolg dieser Methode. Genau. Wobei ich mir ge- wünscht hätte, dass er noch ein Jahr länger bei uns geblie- ben wäre, in dem wir ihn auf im Rückraum ausgebildet hät- ten. Prinzipiell kann ich den Weg nach Frankreich aber nur empfehlen. Dort wird er sich auf jeden Fall weiterentwic- keln. Ich hätte mich geärgert, wenn er nach Visé gewechselt wäre. Das wäre kein großer Sprung gewesen, denn ich möchte ihn irgendwann wo- anders sehen: im Fernsehen. Deswegen ist der Weg nach Frankreich der richtige. Die KTSV Eupen ist dank der Aufstockung der 1. Division auf zehn Teams doch noch aufgestiegen (siehe Seite 25). Bei aller Rivalität: Freuen Sie sich auf eine 1. Division mit dem HCER und der KTSV? Ich würde mich auf die Derbys freuen, das ist das Beste, was es gibt. Deswegen bin ich froh, dass die Fusion in der Realität nicht funktioniert. Aber ich denke, dass Eupen noch nach- rüsten muss, und dass es mit Damian Kedziora alleine nicht reichen wird – auch wenn er ohne Zweifel ein überragender Außenspieler ist, der seine Im- pulse mitbringen wird. Im belgischen Fußball hält sich das Gerücht, dass „dank“ der Coronakrise und durch einen eventuelle Auf- stockung der 1. Division A der Play-off-Modus abge- schafft werden könnte. Wäre das nicht auch eine Idee für den Handball? Es gibt nichts Besseres als eine Liga mit 16 Mannschaften, die in Hin- und Rückserie gespielt wird. Und wer am Ende oben steht, ist verdienter Meister. Das System aus dieser Saison, mit den doppelten Play-offs bzw. doppelten Play-downs ist totaler Schwachsinn. Zum Zeitpunkt des Abbruchs war bereits die Hälfte gespielt, und es hat sich bereits alles her- auskristallisiert. Danach wird doch nur noch larifari ge- spielt. Da kann man keinen richtigen Wettkampf erwar- ten. Wenn die Endrunden ab- geschafft werden sollten, muss die Liga aber aufgestockt werden. Und da muss wieder- um auch darauf geachtet wer- den, dass der Niveauunter- schied nicht zu groß wird. An- genommen Eynatten würde durch eine Aufstockung in die BeNe-League aufsteigen: Zwi- schen uns und Bocholt wür- den ja Welten liegen. Auf der anderen Seite gäben diese Spiele Bocholt die Möglich- keit, Spieler aus der zweiten Reihe einzusetzen. Handball – 1. Division: Eine Handballabteilung in ostbelgischen Schulen? Eine gute Idee, findet Bruno Thevissen Der HC Eynatten-Raeren fusioniert, anders als im Scherz-Artikel am 1. April angekündigt, nicht mit der KTSV Eupen. Und an der Seitenlinie der ersten Her- renmannschaft steht nicht etwa ein Gespann ehema- liger Torhüter, sondern weiterhin Bruno Thevissen – immerhin in der vierten Saison in Folge. Bruno Thevissen geht in seine vierte aufeinanderfolgende Saison: „Das Potenzial in der Mannschaft ist ein Grund, warum ich nicht wechseln wollte.“ Archivfoto: David Hagemann „Kann Eupen und Eynatten nicht vergleichen“ ● Schlussendlich ist es zwar nicht Montpellier geworden, doch die Richtung stimmt: Raphaël Kötters wechselt zur kommenden Handballsaison vom HC Eynatten-Raeren zum am Mittelmeer gelege- nen Klub Istres Provence Handball. Der 19-jährige Kötters durchlief sämtliche Jugendmannschaften in Eynatten und wurde bei der Sportgala der DG kürzlich zum besten Sportler in der Kategorie „Jugend männlich“ ausgezeichnet. ● Istres stieg als Meister der 2. Division 1995 erstmals in die erste französische Liga auf. Seitdem spielt der Klub – bis auf eine Ausnahme in der Saison 1997/1998 – auf höchstem Landesniveau. Im Jahr 2009 gewann Istres den Landespokal. ● Mehr dazu in der kommen- den Woche. (tf) H INTERGRUND Raphaël Kötters wechselt nach Istres Raphaël Kötters Archivfoto: Bernd Rosskamp
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjkyODgz